Dem Odenwälder Friedensmarsch, der traditionell von Erbach nach Michelstadt führt, waren etwa 250 Menschen gefolgt. Auch die Grünen im Odenwaldkreis und die Grüne Jugend beteiligen sich, so auch in diesem Jahr.
Große Beachtung fand das Gedicht der 16-jährigen Schülerin Hannah Nieratzky.
Die Erbacherin war bereits beim Friedensmarsch 2018 aufgetreten: Ostermarsch 2018 – Eindringliche Appelle für den Frieden
Das Gedicht zum Ostermarsch 2019 von Hannah Nieratzky veröffentlichen wir nachfolgend.
Wir bedanken uns bei Hannah für die freundliche Zurverfügungstellung.
„Wir leben seit vielen Jahren in Frieden,
doch was ist uns von diesem Wert noch verblieben?
In einem Land, in dem man den Tod im Fernsehn sieht,
zum Vergnügen mal eben,
weil wenn niemand stirbt, ja nichts Interessantes geschieht,
das wär‘ ja nur Leben?
Hier wachsen Kinder auf mit Ballerspielen,
aber das ist ja nur Spaß,
Wenn Lebende sterben, weil wir so gut zielen:
Effizient töten ist hier das Maß.
Und die Firmenchefs sitzen an ihren Tischen
und wollen von Tod und von Mord da draußen nichts wissen;
von Blut, das grünes Gras befleckt;
von dunklem Rauch, der Licht verdeckt;
von Menschen, die töten
mit unseren Waffen;
Menschen, nicht liebend,
sondern die hassen;
Kinder, um die sich keiner kümmert;
von Städten in Trümmern;
von Grenzen und Zäunen;
von toten Träumen;
von Kindern ohne Kindheit
und von uns, Menschen ohne Menschlichkeit,
für die Macht und Geld
immer noch die Welt
und die Welt bedeutungslos;
von Menschen, die fliehen
und dabei oft sterben
und welchen, die sagen,
dass Muslime die deutsche Kultur verderben,
und mehr als 200.000, nein, das können wir nicht schaffen,
und dann senden sie wieder die Waffen,
die deren Heimaten stehlen.
Und dann gibt es da noch uns,
die ja gar nichts tun.
Aufstehn, anziehn, Kaffee trinken,
Nummer 1
Kinder in die Schule bringen,
Nummer 2
Auf der Arbeit konzentrieren,
Nummer 3
Kollegen, Chef und Diskutieren,
Nummer 4
Mittagessen wird verspeist,
Nummer 5
Ab 17 Uhr ist freie Zeit,
Nummer 6
Kochen, Kinder, Fernsehn, Sport,
Nummer 7
Man nennt es Pech, doch es ist Mord.
Nummer 8
Acht – das ist die Anzahl an Kindern, die im Jemen jeden Tag sterben.
Und dann gibt es da noch uns,
die gar nichts tun.
Und aus Faulheit
und für das Geld
sitzen wir hier in Frieden,
sehen im Fernsehn diesen Held
seine Gegner erschlagen und ertränken und erschießen.
Ja, das ist tragisch, aber so ist halt die Welt,
da muss man sich fügen.
Nein. Das ist eine Lüge.
Wir sind Menschen,
Also los, steht auf im Namen der Menschlichkeit.
Wir haben nicht mehr Wartezeit.
Und ein System dient nur denen, die darin leben,
und deshalb können wir es aus den Angeln heben.“
(Hannah Nieratzky)